Bundesdelgiertenkonferenz Karlsruhe 2023

über 800 Delegierte aus ganz Deutschland begeben sich auf den Weg nach Karlsruhe, um an der 49. Bundesdelgiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen teilzunehmen.

21.12.23 – von Simon Gast

So auch unsere Delegation aus dem Osnabrück-Land. Wie anstrengend sie wirklich werden, haben wir uns zu dem Zeitpunkt noch nicht ausmalen können. Die gigantische Größe und Anzahl an Delegierten waren beeindruckend. Mit dem offiziellen Beginn der BDK wurden Tagesordnung und Formalia abgestimmt. Der Höhepunkt an diesem Tag war die Rede unseres Parteivorsitzenden Omid Nouripour, welcher nochmal klarstellte, dass wir Bündnisgrüne fest an der Seite Israels stehen, aber auch solidarisch mit der Zivilbevölkerung in Gaza sind. Am Ende des Tages haben wir in einem Antragsbeschluss mit dem Titel „Solidarität mit Israel: Für Frieden, gegen Hass und Terror“ nochmal verdeutlicht. Wir haben aber wiederholt auch auf das immer noch bestehende Leid der Ukrainer*innen in aller Deutlichkeit hingewiesen, welches durch die Gräueltaten der Hamas in den Hintergrund gerückt ist. Wir stehen weiterhin mit voller Überzeugung hinter der Ukraine und positionieren uns klar gegen den Aggressor Russland. Ein großes Thema war außerdem das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches den Nachtragshaushalt in Höhe von 60 Milliarden Euro für den Klima- und Transformationsfond auf Grundlage der Schuldenbremse als verfassungswidrig einstufte. Dass das Urteil zu akzeptieren ist, stand für die Delegierten außer Frage. Wir waren uns aber auch einig, dass die Grundlage, die Schuldenbremse, auf der dieses Urteil fußt das wahre Problem ist. Wir sind geschlossen der Ansicht, dass diese Schuldenbremse zumindest reformiert werden muss, sodass wir wichtige Investitionen bspw. im Bereich Klimaschutz tätigen können.


Am Freitag haben wir unseren Bundesvorstand gewählt. Als Vorsitzende wurden Ricarda Lang und Omid Nouripour bestätig. Auch unsere stv. Vorsitzenden Pegah Edalatian und Dr. Heiko Knopf wurden in ihren Ämtern bestätigt, sowie Emily Büning als politische Geschäftsführerin. Neugewählt wurde Frederic Carpenter als Bundesschatzmeister. Außerdem haben wir begonnen unsere Europaliste zu wählen. Mit großer Euphorie schicken wir Terry Reintke, gewählt auf Listenplatz 1, als Spitzenkandidatin ins Rennen für die Wahl des europäischen Parlaments. Für uns niedersächsische Grüne war die Listenaufstellung optimal, da wir mit Katrin Langensiepen (Listenplatz 7), Viola Von Cramon (Listenplatz 15), Dirk-Claas Ulrich (Listenplatz 30) und Saskia Zwilling (Listenplatz 33) alle unsere Votenträger*innen auf unsere Kandidierendenliste platzieren konnten.


Am Samstag haben wir die ersten Kapitel unseres Europawahlprogramms beschlossen. Der strittigste Punkt war hier ein Änderungsantrag, welcher unter anderem von der BAG Landwirtschaft und Globale Entwicklung eigereicht wurde, welcher das aktuelle Handelsabkommen Mercosur in seiner jetzigen Form ablehnt. Vor allem fehlende Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Staaten, die sich nicht an ökologische und soziale Standards halten, sind u.a. einer der zentralen Kritikpunkte der Antragssteller*innen. Nach einer knappen Abstimmung wurde dieser Änderungsantrag angenommen und ist damit nun Teil unseres EU-Wahlprogramms. Die Debatte am Abend war die schwierigste von allen für uns. Es ging über die aktuellen Asylkompromisse auf europäischer Ebene und darum, wie wir uns als Regierungspartei inhaltlich positionieren wollen und können. Doch die stärke unserer Partei kam schon vor Beginn der eigentlichen Debatte zum Tragen. Aus ursprünglich 130 Änderungsanträgen der Basis, mussten durch Einigungen zwischen Parteispitze und Antragssteller*innen am Ende nur 4 Anträge abgestimmt werden, einer davon vom Bundesvorstand. Die Debatte war von Anfang emotional aufgeladen und allen Anwesenden war die Gewichtigkeit dieser Debatte bewusst, unabhängig des eigenen Standpunktes. Die Grüne Jugend hat einen Änderungsantrag gestellt, in dem sie dafür plädierte keinen weiteren Asylrechtsverschärfungen in Zukunft mehr zuzustimmen, um weiterhin glaubhaft für eine gerechte Geflüchtetenpolitik einstehen zu können. Die Parteispitze, unter anderem Robert Habeck und Annalena Baerbock, argumentieren, dass sie das nicht versprechen können und mahnen, dass ein solcher Kompromiss die Regierungsbeteiligung gefährden könnte und sich damit außerhalb des Verhandlungstisches befände. Das waren nur einzelne Argumente der beiden Seiten in der Debatte, denn Argumente, vor allem Gute, gab es viele – auf beiden Seiten. Am Ende einer harten und nervenraubenden Debatte stimmen wir, die anwesenden Delegierten, gegen die Änderungsanträge und stellen uns geschlossen hinter unserer Parteispitze. Die Debatte hat aber auch gezeigt, dass es für uns als Partei nicht mehr viel Spielraum im Bereich Migration gibt, was auch Robert Habeck betont: „(…) dass das, was der Saal jetzt schon sagt natürlich jetzt schon eine Konsequenz hat nämlich, dass auch Kompromisse Grenzen haben“.


Am Sonntag, dem letzten Tag der längsten BDK seit Parteigründung, wurde endgültig unser EU-Wahlprogramm verabschiedet, aber auch unser Parteirat gewählt. Wir freuen uns, dass der Grüne Oberbürgermeister für Hannover Belit Onay dem Parteitrat angehören wird und in diesem die niedersächsische, aber auch vor allem die kommunale Perspektive mit einbringen wird.
Danach war Schluss in Karlsruhe und wir begaben uns zurück mit dem Zug in Richtung Osnabrück – mit vielen Eindrücken und einer Menge nachzuholendem Schlaf, aber vor allem mit dem guten Gefühl, dass wir zu den wichtigsten und aktuellen Themen eine Einigung erzielen und unsere Partei startklar für den Europawahlkampf machen konnten.

Kategorie

Partei

Kreistagsfraktion

Filiz Polat (MdB)

Anne Kura (MdL)

Volker Bajus (MdL)

Regionales

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